Aufbau eines Kontrollnetzes im Bodensenkungsgebiet Wunstorf
Led by: | Dr.-Ing. Hans Neuner, Dipl.-Ing. Rainer Heer, Dipl.-Ing. Olaf Bielenberg |
Year: | 2006 |
Duration: | WiSe 2006 - SoSe 2007 |
Is Finished: | yes |
Das 1898 in Betrieb genommene Kaliwerk Sigmundshall liegt im Ort Bokeloh, westlich der Stadt Wunstorf. Betreiber ist die K+S KALI GmbH aus Kassel. Die Lagerstätte des Salzstockes Bokeloh wird nach den geologischen Großstrukturen im Niedersächsischen Becken zur Steinhuder-Meer-Linie gerechnet. Die in Nordwest-Südost-Richtung verlaufende, längliche Salzstruktur ist etwa 12 km lang und nahe der Oberfläche im Mittel 1 km breit.
Die untere Grenze des Salzkörpers reicht bis in eine Tiefe von etwa 3 km. Zum Abbau der Lagerstätte wurden in den Salzstock drei Schächte niedergebracht. Der Schacht Sigmundshall dient dem Personentransport und der Förderung des Rohsalzes, während über die Schächte Kolenfeld und Weser die Zu- und Abfuhr der Frischluft geregelt wird.
Der eigentliche Salzabbau erfolgt zwischen zwei Hauptsohlen, die in einem vertikalen Abstand von etwa 200 m aufgefahren werden. Durch von unten nach oben fortschreitendes Sprengen der zwischen den Sohlen stehengebliebenen Lagerteile fällt das Salz fällt dabei bis zur unteren Hauptsohle und wird von dort über einen Förderschacht nach übertage gefördert. Die Gesamtförderung an Rohsalz beträgt jährlich ca. 3 Mio. Tonnen.
Bodenbewegungen aufgrund des Bergbaus im Gebiet Bokeloh wurden schon lange vermutet und auch messtechnisch erfasst. Daraus resultierende Probleme oder gar Schäden sind jedoch nicht aufgetreten. Bis 2001 waren die Bodenbewegungen im Bereich Wunstorf vermessungstechnisch ein Thema der Grundlagenvermessung in der Landesvermessung. Lokale Probleme bei Katastermessungen traten erst mit der Einführung und bundesweiten Vereinheitlichung des SAPOS®-Dienstes im Jahre 2001 auf. Bis dahin wurden lokal RTK-Messungen mit temporären Referenzstationsempfängern durchgeführt, bei denen keine nachbarschaftlichen Störungen in den Punktbestimmungen auftraten. Die Definition von Qualitätsstandards für die Echtzeitvernetzung im SAPOS®-Dienst fordert für einen optimalen Modellierungsprozess sowie eine nutzerseitig zuverlässige und schnelle Mehrdeutigkeitslösung eine Koordinatengenauigkeit von ± 10 mm Standardabweichung im Bezugssystem ETRS89.
Ein wesentlicher Aspekt dabei ist, dass diese hohe relative Genauigkeit über die Grenzen eines Landes hinaus bundesweit homogen realisiert sein muss, um insbesondere den Ansprüchen überregionaler SAPOS®-Nutzer zu genügen. Im Bereich des Salzabbaugebietes zeigte sich jedoch, dass diese Forderungen hier nicht eingehalten werden konnten und insbesondere Störungen der nachbarschaftlichen Bezüge innerhalb der Katastervermessung auftraten und noch auftreten, für die offenbar Bodensenkungen und Bodenverschiebungen verantwortlich sind, die aus dem Salzabbau resultieren.
Vergleiche mehrerer Messepochen der Landesvermessung, die zwischen 1982 und 2006 durch-geführt wurden, belegen Lageänderungen von etwa 2 cm/Jahr in Richtung des Salzstockes. Die Höhenänderungen, die aus GPS-Messungen abgeleitet und mit Nivellement-Ergebnissen abgeglichen wurden, zeigen Bewegungen in der gleichen Größenordnung.
Für die Transformationen DHDN/GK < > ETRS89/UTM gilt, dass inhomogene Landesbezugssysteme in das homogene ETRS89 zu überführen sind. Dabei dürfen Diskontinuitäten im Festpunktfeld aufgrund von lokalen Bodenbewegungen nicht auf unbeeinflusste Gebiete übertragen werden. Problemgebiete müssen exakt erfasst und in der Transformation berücksichtigt werden.
Ziel des Projektseminars ist die genaue Erfassung und Modellierung der Punktbewegungen im Bereich des Salzstockes Bokeloh. Es ist eine hochgenaue und verlässliche Nullmessung durchzuführen, die als nachhaltige Referenz für zukünftige Folgemessungen und Deformations-analysen dienen soll. Dabei sollen alle Messmethoden, die sich im Laufe des Projektseminars als sinnvoll erweisen, zum Einsatz kommen. Dies sind u.a. GNSS-Messungen, Nivellement, Absolut- und Relativgravimetrie sowie der Einsatz einer digitalen Zenitkamera.
Gegenstand des Projektseminars ist die Gesamtproblematik, die sich mit dem Bergbau und insbesondere den daraus resultierenden Bodenbewegungen ergibt. Dazu sollen während des Seminars folgende Schwerpunkte in der Theorie bearbeitet werden:
- Untersuchung der geologische Gegebenheiten,
- Ursachenforschung der Punktbewegungen,
- Messmethoden, Einflussgrößen,
- Erarbeitung eines Netzentwurfes,
- Abschätzung der erreichbaren Genauigkeiten,
- Beobachtungs- und Auswertestrategien.
Im praktischen Teil sollen anhand der theoretischen Vorüberlegungen die entsprechenden Messmethoden zum Einsatz kommen. Dafür bieten sich zwei Epochenmessungen an, von denen eine noch im Wintersemester durchgeführt werden soll. Die zweite Messung wird im Sommer durchgeführt.
Ziel des Projektseminars ist die eigenständige Auswertung und Interpretation der selbst durchgeführten Messungen. Epochenvergleiche mit vorhandenen alten Messungen aus den Jahren 1982 bis 2006 sind durchzuführen. Anhand zu erwartender Punktverschiebungen sollen Geschwindigkeiten abgeleitet und eine Modellierung der Bewegungen unter Berücksichtigung verschiedener Einflussgrößen entwickelt werden.